Samstag, 16. Juli 2011

Unterscheidung der Geister 2

Die den Merkmalen des göttlichen Geistes entgegengesetzten Kennzeichen des teuflischen Geistes in Bezug auf die Bewegungen und Akte des Willens Teil 1 Das erste Kennzeichen der Einwirkung des bösen Geistes auf unsern Wil en sind Unruhe, Verwirrung und Trübsinn. Al dies steht im direkten Gegensatz zu dem Frieden, den Gott verleiht. Und in der Tat, wenn der Teufel uns offen versucht, so erregt er in uns Gefühle des Hasses, des Unwillens, des Zornes, des Neides, al es trübe und unruhige Leidenschaften; oder er ruft auch in der Seele Begierden nach sinnlichen Ergötzungen, Reichtümern und Ehren hervor, welche mit ihrem blendenden Schein anlocken, aber, wenn man sie nicht hat, uns quälen, und wenn man sie erlangt, uns auf tausenderlei Art beunruhigen, gerade wie die Rosen, deren Anblick so reizend ist, die aber, in die Hand genommen, mit ihren Dornen stechen.



Kommt aber der Teufel versteckt, um uns mit guten Gefühlen und scheinbar frommen Gedanken zu täuschen, so wird er, auch wenn er die Seele anfänglich befriedigte, sie zuletzt doch in Unruhe und Verwirrung zurücklassen. Man halte an dieser Unterscheidungsregel fest, daß jener Geist, der die Seele beunruhigt, verwirrt, trübt, aufregt und nur Unordnung erzeugt, ein böser Geist ist. Ein zweites Merkmal des teuflischen Geistes ist entweder ein offenbarer Stolz oder eine falsche Demut, nie aber die wahre Demut, die nur von Gott kommt. Naht der Teufel ohne Maske, so kann er, als Vater des Stolzes, in unsern Herzen keine andern Gefühle erregen, als Gefühle der Eitelkeit, der Aufgeblasenheit und des stolzen Selbstgefallens; und keine andern Begierden, als Begierden nach Ehren, Ruhm, hohen Stellen, Bevorzugungen und Würden. So lehrt, und die Erfahrung bestätigt es Tag für Tag, Johannes Gerson. "Als falscher Engel", sagt er, "sät der Teufel zuerst den Geist der Hoffart und treibt den Menschen an zur Begierde, in großen Dingen zu wandeln, eitles Selbstgefallen zu nähren und sich für hochweise zu halten; hat er das erreicht, so überlistet er ihn, schmeichelt, verlockt und betrügt ihn, gerade wie er wil ." Doch ist der Teufel, wenn er sich unter dieser stolzen und eitlen Gestalt zeigt, weniger gefährlich, weil er so leicht zu erkennen ist.

Mehr zu fürchten ist der Teufel, wenn er sich in den Mantel einer falschen Demut hüllt und sich so einschleicht. Dieses ist der Fal , wenn er uns an die begangenen Sünden erinnert oder an die gegenwärtigen Unvollkommenheiten, wenn er uns das Verderben, in dem wir gewesen, oder den gegenwärtigen elenden Stand unserer Seele vor Augen stel t. Al es dies aber bewirkt er in uns durch ein betrügerisches Licht, welches keine andere Wirkung hat, als daß es die Seele in Unruhe bringt, sie mit Betrübnis, Besorgnis, Verwirrung, Bitterkeit und Kleinmut erfül t, ja gar oft in tiefe Schwermut stürzt. Die unbehutsame Seele wehrt sich nicht gegen diese Gedanken; denn indem sie ob der Erkenntnis ihrer Sünden und Fehler von sich niedrig denkt, glaubt sie, eine tiefe Demut zu besitzen, während sie in Wirklichkeit von der Höl e vergiftet ist.

Hören wir darüber die heilige Theresia. Sie schreibt (Leben, Kap. 30,7): "Die wahre Demut, obschon die Seele sich als böse erkennt und über ihren Zustand Schmerz empfindet kommt doch nicht in Bestürzung, noch beunruhigt und verdunkelt sie die Seele, auch verursacht sie keine Trockenheit, sondern Tröstung. Sie erzeugt Schmerz wegen der Beleidigung Gottes, aber von der anderen Seite erweitert sie das Herz durch die Hoffnung auf seine Barmherzigkeit. Sie bringt Licht, um sich selber zu beschämen, und preist zugleich Gott, der sie so langmütig ertragen hat.

Bei jener falschen Demut dagegen, welche der Teufel hervorbringt, ist kein Licht für irgend etwas Gutes; es scheint, als wol e Gott an al es Feuer und Schwert legen ... Diese Erfindung des Teufels ist eine der schwierigsten, feinsten und verstecktesten, die ich je an ihm bemerkt habe." Zwischen der göttlichen und teuflischen Demut herrscht dieser Unterschied, daß die erstere mit Großmut, die letztere mit Kleinmut verbunden ist. Die erste verdemütigt al erdings und vernichtet zuweilen die Seele beim Anblicke ihres Nichts und ihrer Sünden, doch zu gleicher Zeit erhebt sie dieselbe zum Vertrauen auf Gott, stärkt und kräftigt sie; auch ist sie friedlich, heiter, gelassen und lieblich, und darum hofft die Seele nicht bloß Verzeihung ihrer Sünden, sondern faßt auch Mut, um durch Buße und andere gute Werke ihre früher begangenen Sünden und gegenwärtigen Fehltritte wieder gut zu machen; ja, gerade die Erkenntnisse ihres eigenen Nichts vermehrt ihr Vertrauen, große Dinge für Gott zu tun. Die zweite dagegen mit ihrer trüben Verwirrung und Unruhe, mit ihrer Furcht vol Angst und Beklemmung raubt der Seele jede Hoffnung, macht sie feig und träg, erfüllt sie mit Mißtrauen, Niedergeschlagenheit, Kleinmut und Verzagtheit; kurz, sie raubt ihr alle Kräfte des Geistes, so daß sie sich entweder gar nicht mehr oder nur sehr schwach zu tugendhaften und heiligen Werken entschließen kann.

Das dritte Merkmal ist die Verzweiflung oder das Mißtrauen oder die falsche Sicherheit, nie aber das wahre Vertrauen auf Gott. Weil nun der Teufel sieht, daß es ihm nur selten gelingt, gläubige Seelen in den Abgrund einer fast unheilbaren Verzweiflung zu stürzen, was tut er? Er sucht ihnen wenigstens ein gewisses Mißtrauen beizubringen, so daß sie, wenn sie auch nicht verzweifeln, doch auch nicht mehr hoffen. Er gibt sich al e Mühe, sie dauernd in diesen Zustand der Niedergeschlagenheit zu versetzen, damit sie von Tag zu Tag träger und schwächer werden und keine Kraft mehr zum Guten haben. Doch was das Schlimmste an der Sache ist, der Teufel tut dieses auf sehr schlaue und boshafte Weise, indem er ihnen die Überzeugung beibringt, dieser Zustand der Mutlosigkeit sei ganz recht und vernünftig. Denn nachdem er ihnen mit jener falschen Demut, wie wir gesehen, die früheren Schwächen oder die täglichen Fehler und Mängel vorgestel t hat, flößt er ihnen andere anscheinend gute Gedanken ein, wie z. B. daß die Güte Gottes groß sei, daß sie sich aber mit ihrer Bosheit den Einwirkungen der göttlichen Gnade widersetzen; daß Gott zwar bereit sei, ihnen zu helfen, sie jedoch dieser Hilfe nicht wert seien, und endlich daß das ganze übel nicht von Gott, sondern von ihnen selber herrühre. Auf solche Weise, durch diese und andere Scheingründe hintergangen, verharren sie in ihrem Mißtrauen und ihrem Mißmute. Sind sie aber einmal in diese Fal e geraten, dann bleiben sie darin gefangen und können auf dem Wege der Vol kommenheit keinen Schritt mehr vorwärts machen.

Ich bitte deshalb die Seelenführer, mit großer Sorgfalt ihre Beichtkinder zu überwachen, damit sie nicht in dieses Netz geraten, oder fal s die hineingeraten wären, schnel von diesem Irrtum geheilt werden. Sie sol en ihnen offen sagen, daß der Geist des Mißtrauens nie der Geist Gottes ist, noch sein kann, sondern immer vom Teufel herrührt: Sie sol en dieselben unterrichten, wie sie sich wegen ihrer Sünden heilsam schämen und verdemütigen, dann aber sogleich mit einer lebendigen und starken Hoffnung sich zu Gott erheben sol en, indem sie erwägen, daß die göttliche Barmherzigkeit unendlichmal die Schwere und Zahl ihrer Sünden übersteigt. Sie sol en dieselben zur Erweckung frommer Akte anhalten, wenn der Teufel sie zu Mißtrauen und Kleinmut versucht, indem sie z. B. mit dem heiligen Paulus sagen: "Gott ist es der rechtfertigt, wer ist, der da verdammen sol te?" (Röm 8,34). Oder mit dem Propheten Isaias: "Nahe ist, der mich rechtfertigt, wer wil mit mir streiten? Siehe, Gott, der Herr, ist mein Helfer; wer ist's, der mich verdammt?" (Is 50,8 f.). Durch diese Worte ermutigt, sol en sie große Hoffnung fassen und mit Job wiederholen: "Auch wenn er mich tötet, wil ich auf ihn hoffen" (Job 13,15). Ich habe zwar gesündigt, schwer gesündigt, es ist wahr; aber die Sünde des Mißtrauens gegen Gottes grenzenlose Güte wil ich nicht hinzufügen. Selbst wenn ich schon am Rande des Abgrundes wäre, nahe daran, hineinzustürzen, würde ich nicht ablassen, auf Gott zu hoffen. - Endlich befehle er ihnen diese oder ähnliche Akte der Hoffnung, so lange zu erwecken, bis ihr Herz sich wieder ermutigt fühlt.

Überdies wird es, um den Versuchungen des Teufels den Zutritt zu verschließen, gut sein, sie dazu anzuhalten, daß sie sogleich, wenn sie einen Fehler oder eine Sünde begangen haben, diese bereuen und sich vor Gott verdemütigen und darauf sich sogleich in die Arme der göttlichen Güte werfen und da ihr Herz mit heiligem Vertrauen erweitern, ehe der Teufel kommt, um es mit seiner Versuchung zur feigen Mutlosigkeit zusammezuschnüren. Darauf sol en sie fortfahren, mit Freude, Frieden und heiliger Freiheit Gott zu dienen. Al es das, was ich vom Geiste der Verzweiflung und des Mißtrauens gesagt habe, tritt jedoch erst nach begangener Sünde ein. Vor der Sünde sucht der Teufel dem Menschen einen ganz entgegengesetzten, doch ebenso verkehrten Geist beizubringen, nämlich den Geist einer eitlen und vermessenen Sicherheit, wodurch er den Menschen zur Sünde ermutigt. Er stel t ihm Gott mit einer fast einfältigen und stumpfsinnigen Barmherzigkeit vor, die sich ungestraft beleidigen läßt; so daß er ,durch diese törichte Überzeugung irregeführt, jede Furcht ablegt und ungescheut sich mit Sünden bedeckt.

Solchen Personen muß der Beichtvater die große Gefahr vor Augen stel en, der sie sich aussetzen, von der Barmherzigkeit Gottes ganz verlassen zu werden, wenn sie ihre Milde nur zur Sünde mißbrauchen. Er sage ihnen, daß die Barmherzigkeit Gottes dem Meere gleicht, welches nur jene Schiffe sicher in den Hafen führt, die sich selber mit Segel und Rudern helfen. Würden sie die Hände müßig in den Schoß legen und sich durch ihre Trägheit der Gefahr des Schiffbruches aussetzen, in der Einbildung, daß das Meer al es al ein tun müsse, wer möchte an ihrem Untergange zweifeln? So ist auch Gott ein Meer der Barmherzigkeit und ein Ozean der Güte. Sind wir tätig und strengen wir uns selber an, um uns vor der Sünde zu hüten und begangene Sünden aufrichtig zu bereuen, so wird uns dieses süße Meer sicher in den Hafen des ewigen Heils bringen. Wenn wir uns aber selbst nicht helfen wol en, ja uns sogar der offenbaren Gefahr des Verderbens aussetzen, indem wir uns schmeicheln, die göttliche Barmherzigkeit werde al es al ein tun, so läßt uns dieses so liebliche Meer der Güte ewigen Schiffbruch leiden. Um diese Lehre kurz zusammenzufassen, sage ich, der Beichtvater müsse Sorge tragen, daß die ihm anvertrauten Seelen nach begangener Sünde auf die göttliche Gnade hoffen, vor der Sünde aber sich al zeit fürchten. So werden sie von selbst den teuflischen Geist des Mißtrauens und der Verzweiflung, der auf die Sünde folgt, und den Geist einer törichten Sicherheit, der ihr vorangeht, von sich fernhalten. 

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