Samstag, 16. Juli 2011

Unterscheidung der Geister 3

 Das vierte Merkmal ist die Willenshärte oder Verweigerung des Gehorsams gegen die Oberen. Al e jene, die vom teuflischen Geiste beherrscht werden, zeigen eine gewisse Härte des Wil ens, wodurch sie sich entweder offen widersetzen, oder sich nur höchst ungern der Überzeugung, dem Rate, dem Befehle oder Tadel der Diener Gottes fügen, die sie an Gottes Statt leiten. Der Leser wird sich darüber nicht verwundern, wenn er bedenkt, was Cornelius a Lapide zu den Worten des heiligen Paulus: "Was für ein Einklang herrscht zwischen Christus und Belial?" (2 Kor 6,15) bemerkt. "Belial", schreibt er zu diesem Vers, "bedeutet den Teufel, welcher der Fürst jeder Abtrünnigkeit und Unbotmäßigkeit war und als erster Abtrünniger das Joch des Gesetzes, des Glaubens und des Gehorsams gegen Gott abgeschüttelt hat.

Deshalb werden die Abtrünnigen Männer oder Söhne Belials genannt, das heißt Söhne des Teufels, Söhne des Ungehorsams, der Empörung und der Gottlosigkeit." Daraus folgt auch, daß der böse Geist uns niemals dazu bestimmt, unsern geistlichen Vätern die inneren Regungen unsers Herzens aufrichtig zu offenbaren; denn um die Betrügereien des bösen Feindes aufzudecken, gibt es, wie wiederum Cornelius a Lapide (zu 2 Kor 11,14) sagt, nach dem Urteile der Väter, der Heiligen und der eigenen Erfahrung, keinen besseren Rat als diesen, daß man jeden Gedanken und jede Regung des Herzens einem gelehrten, klugen und frommen Manne, besonders dem Beichtvater aufdeckt und seinem Rate sich unterwirft.
Weil aber der Teufel nicht entdeckt werden wil , so verabscheut er diese Eröffnung des Gewissens, flößt auch seinen Anhängern einen großen Abscheu davor ein und verbietet sie ihnen in seinen Einflüsterungen.
Niemals aber wird es vorkommen, daß er jemand anrät, sich aufrichtig seinem Seelenführer zu offenbaren; denn er hat die Eigenschaft der Verräter und Räuber, die nichts so sehr fürchten, als entdeckt zu werden. Daraus muß man also den Schluß ziehen, daß der hartnäckige Wille des Ungehorsams und die Verheimlichung seines Innern vor den geistlichen Vätern offenbar vom teuflischen Geiste herrühren.

Das fünfte Merkmal ist die schlechte Absicht bei den Handlungen. Wenn der Teufel einen Menschen zu bösen Werken versucht, so ist kein Zweifel, daß er ihm dabei eine böse Absicht eingibt. Es geschieht dies aber auch bei an sich guten Werken, um sie zu verderben, so daß sie zwar den Schein der Tugend haben, aber ihrem Wesen nach schlecht sind. Gibt z. B. Jemand Almosen, obliegt er dem Gebete oder übt er sich in Werken der Liebe und Barmherzigkeit usw., so erweckt er in ihm ein gewisses Verlangen, diese Werke vor den Augen seiner Mitmenschen zu tun und sich so Ehre und Ansehen zu verschaffen; oder er bemüht sich wenigstens zu bewirken, daß jener anfängt sich selbst zu schätzen, an seinen Handlungen Gefallen zu finden und eine höhere Meinung von sich zu fassen.
Auf diese Weise betrügt er ihn auf bedauernswerte Weise, indem er ihm das als Tugend vorstel t, was der bösen Absicht wegen Sünde ist. "Oftmals schleicht sich der böse Geist", schreibt der hl. Gregor d. Gr. (Registrum epist. lib. VII. ep. 12,7), "um das Gute, das er nicht verhindern konnte, zu zerstören, nach vol brachter Handlung in den Sinn des Menschen ein und erweckt darin im stil en selbstgefäl ige Gedanken, damit der Betrogene das, was er getan, selber als etwas Großes bewundere. Während er sich aber so innerlich stolz überhebt, beraubt er sich der Gnade desjenigen, der ihn zu jener guten Handlung befähigt hatte."
Ich füge noch eine Bemerkung für den geistlichen Führer bei. Sieht er, daß der böse Feind die guten Werke seiner Beichtkinder zu verderben trachtet, indem er ihnen verkehrte Absichten, z. B. der Eitelkeit, des Wohlgefal ens oder eines irdischen Vorteils beibringt, dann gebe er ihnen als Heilmittel gegen diese Versuchungen ja nicht den Rat, diese guten Werke zu unterlassen oder aufzuschieben; denn das wäre nicht eine Vermeidung, sondern eine Förderung seiner Versuchungen, weil jener bei der Einflüsterung solcher schlimmen Absichten ein doppeltes Ziel im Auge hat, nämlich daß man die tugendhaften Werke unterlasse oder sie schlecht verrichte. Er muß sie dazu anhalten, daß sie ihre Absicht ändern und anstatt der niedrigen und fehlerhaften, edle und höhere Absichten wählen, wie die Ehre und das Wohlgefallen Gottes oder auch das wahre Beste der Seele.

Das sechste Merkmal ist die Ungeduld in Trübsalen. Dieser Punkt bedarf keiner langen Erklärung; denn jeder weiß, daß der Teufel uns keine Empfindungen der Geduld mitteilen kann, daß er vielmehr nur darauf bedacht ist, in uns Gefühle des Zornes und des Unwillens rege zu machen. Wird z. B. jemand durch irgend eine Beleidigung, durch üble Nachreden oder Verleumdungen an seiner Ehre angegriffen, so bemächtigt sich der Teufel seiner Einbildungskraft, ruft die Erinnerung an die empfangenen Unbilden wach, vergrößert die Absichten des Beleidigers und beleuchtet sie mit seinem höl ischen Lichte, so daß der Strohhalm zu einem Balken, das Sandkörnchen zu einem Berge wird. Darauf schleicht er sich in den inneren Sinn ein, regt die Säfte und das Blut auf, macht, daß ihm die Gal e überläuft, das Gemüt sich verfinstert und die Vernunft getrübt wird. Hat er ihn so weit gebracht, dann stel t er ihm seinen Unwillen als gerecht und seinen Zorn als erlaubt vor, entflammt immer mehr die Glut und reißt ihn so blindlings zur Rache hin.
Bilden die Ursachen der Leiden einer Person körperliche Schmerzen und Gebrechen, oder der Verlust der Habe, oder der Tod naher Verwandten und teurer Freunde, oder andere Übel, die aus notwendigen Ursachen entspringen, so wird der Teufel, der Feind der Geduld, die Seele um so mehr zur Ungeduld, zu Klagen, zur Wut und Verzweiflung antreiben. Sind solche Gefühle vorhanden, so kann man daraus abnehmen, daß der böse Feind mit seinen Versuchungen dahintersteckt.

Das siebente Merkmal ist der Aufruhr der Leidenschaften. Wenn der Beichtvater sieht, daß ein Beichtkind von stürmischen Leidenschaften aufgeregt ist, welche die Vernunft trüben und dem Willen Gewalt antun, dann darf er fest glauben, daß der teuflische Geist in demselben wirkt. Es ist wahr, daß solche Leidenschaften auch von der Natur herrühren; doch für gewöhnlich erhalten sie nur vom Teufel Kraft und Wachstum. Die Natur beginnt mit leichteren Erregungen, der böse Feind aber, der beständig zu unserm Verderben wacht, stachelt sie auf, entflammt sie und gibt ihnen Stärke. Denn wie Gott immer vor der Türe unseres Herzens steht, und mit seinen Einsprechungen anklopft: "Siehe, ich stehe an der Türe und klopfe" (Off 3,20), so geht der Teufel, nach den Worten des hl. Petrus (1 Petr 5,8), "wie ein brüllender Löwe umher und sucht, wen er verschlinge."
Bemerkt er in dem Herzen ungeordnete Neigungen, so dringt er dreist in dasselbe und setzt es mit der Fackel seiner Einflüsterungen in Flammen. Erhebt sich dabei die Leidenschaft aus geringfügigen Anlässen ganz plötzlich mit ungewöhnlicher Heftigkeit und fast auf unnatürliche Weise, dann hat man um so mehr Grund zu glauben, daß der Teufel der Urheber oder wenigstens der Beförderer sei.

Das achte Merkmal ist Falschheit, Verstel ung und Heuchelei. Der Vater der Lüge kann unseren Herzen nicht jene Aufrichtigkeit, Wahrhaftigkeit und Einfalt einflößen, die Gott dem Geiste seiner Diener mitteilt. Das wäre mit seiner Natur al zu wenig vereinbar; er kann nur den Geist der Lüge oder der Falschheit mitteilen. "Die Weisheit dieser Welt besteht", nach dem Zeugnisse des hl. Gregor (Mor. X,16), "darin, die Gefühle des Herzens schlau zu verheimlichen, die Gedanken durch gleißende Worte zu verbergen, den Irrtum als Wahrheit und die Wahrheit als Irrtum darzustellen." Diese Falschheit und tadelnswerte Verstel ung, fährt er fort, wird in der Welt hochgeschätzt und bewundert.
"Diese weltliche Klugheit kennen junge Leute durch die Übung, Knaben erlernen sie um Geld; diejenigen, die sich darauf verstehen, blicken auf andere mit Stolz herab; und jene, die sie nicht verstehen, bewundern sie demütig und schüchtern an andern."Es ist zwar wahr, daß der heilige Lehrer diese Laster dem Weltgeiste zuschreibt, denn er sagt später: "Nichts findet die Welt so töricht, als wenn man seine innere Gesinnung mit Worten kundgibt und nichts durch schlaue Kunst zu verbergen weiß." Aber eben dieses beweist, daß man sie ebenso gut dem bösen Geiste zuschreiben müsse, weil diese zwei Geister, wie wir schon oben sagten, zum Schaden unserer Seele Bundesgenossen sind.

Ein neuntes Kennzeichen ist die der Freiheit des Geistes ganz entgegengesetzte Anhänglichkeit. Der Teufel strebt nicht bloß danach, daß wir unser Herz an das Zeitliche hängen (denn daran kann niemand zweifeln), sondern er verwendet auch große Mühe darauf, daß wir es unordentlich an geistliche Dinge hängen.
Denn wenn er uns von der Welt und ihrer Eitelkeit losgetrennt sieht, so erweckt er zuweilen in uns zur Zeit des Gebetes gewisse fühlbare Zärtlichkeiten und sinnlich fühlbare Tröstungen und bemüht sich, daß wir uns dabei mehr als bil ig aufhalten, daran Wohlgefallen finden, an dieselben unser Herz hängen und zum Gebete zurückkehren, nicht Gottes sondern unsertwegen, nicht unseres geistlichen Nutzens, sondern unserer Befriedigung wegen. Der Böse hat dabei keine andere Absicht als diese, die Seelen mit jenen Süßigkeiten zu fesseln, damit sie auf dem Wege des Geistes keine Fortschritte machen.
Aus solcher Anhänglichkeit entspringt al erlei Unklugheit und Unbesonnenheit, so daß manche es unterlassen, die Pflichten ihres Standes, ihres Berufes oder Amtes zu erfül en, oder daß sie die Liebe und den Gehorsam hintansetzen, um länger über Gebühr sich dem Gebete hinzugeben. Gott selber begünstigt nicht den Fortschritt dieser schwachen Seelen, die zur Zeit, in der sie Gott suchen sollten, sich selber suchen.

Das zehnte Kennzeichen ist die Abwendung von Jesus Christus und seiner Nachfolge. Als Beweis diene die große Abneigung, welche die falschen Mystiker und die Ketzer, in denen der teuflische Geist triumphierte, gegen die anbetungswürdige Person des Erlösers zeigten. Jene gingen soweit, die Betrachtung derselben zu verbieten und das Andenken an sie auszulöschen; diese aber suchten deren Kult und Verehrung zu verhindern. Niemand wundere sich darüber; denn da der Teufel der geschworene Feind Jesu Christi ist, nährt er Gefühle und Grundsätze, die der göttlichen Person Jesu, seinem Leben und seiner Lehre schnurgerade entgegen sind, und sucht sie jenen Seelen einzuflößen, die er mit seinem Geiste beherrscht. Jesus, der zur Anspeiung, zu Faustschlägen und Backenstreichen, zur Dornenkrone, zum Kreuze, ja zum Tode ging, sagt zu seinen Gliedern: "Wer mir dient, folge mir nach" (Jo 12,26).
Der Teufel aber lehrt seine Anhänge nichts anderes, als nach dem höchsten Gipfel streben. Sehet, wie die Grundsätze des Teufels den Grundsätzen Jesu schnurgerade entgegen sind; im Widerspruche müssen also auch die Triebe sein, die der Teufel im menschlichen Herzen erweckt.
Findet also der Seelenführer eine Seele abgeneigt gegen die heiligste Menschheit Jesu, gegen ihre Betrachtung und Nachfolge, so glaube er ihrem Geiste nicht, auch wenn er noch so göttlich schiene; denn sie trägt al zu deutlich das Zeichen des teuflischen Betruges an sich.

Das elfte Kennzeichen ist die falsche Liebe und der falsche Eifer. Der zornige, trübe und ruhelose Eifer, der den Zorn zum Vater und den Stolz zur Mutter hat, ist jener, den der Teufel den Herzen seiner Anhänger eingibt, nicht etwa um die Fehler anderer zu verbessern, sondern bloß um den Frieden zu stören und die brüderliche Liebe zu verletzen. Wenn daher der Seelenführer, sei es in Privathäusern oder in religiösen Gemeinden, eine Person findet, die von diesem falschen oder unklugen Eifer beherrscht wird, indem sie sich über die Fehler anderer unmäßig aufregt, ihnen im Hause nachspürt, sie bekrittelt, darüber laut ihren Hausgenossen gegenüber murrt, auf strenge Bestrafung dringt und viele Unruhen und Verwirrungen verursacht, so traue er ihr nicht; denn der wahre Geist des Herrn treibt die Seele an, auf sich zu schauen und nicht auf fremde Fehler achtzuhaben, sie bei sich zu entschuldigen und, wenn sie nicht entschuldbar sind, sie den Vorgesetzten mit Ruhe anzuzeigen in der Absicht, daß sie gebessert werden, und dann sie zu vergessen, oder sich bloß deshalb an sie zu erinnern, um die Schuldigen im Gebete Gott anzuempfehlen.

Kommen wir nun zur praktischen Anwendung, wie der Seelenführer verfahren soll, wenn er an seinen Beichtkindern eines der erklärten Kennzeichen des teuflischen Geistes beobachtet. Drei Dinge hat er zu tun.

1) Er muß ihnen die Einflüsterungen des Teufels klar zu erkennen geben, damit sie sich überzeugen, daß diese und jene Erscheinungen, diese und jene inneren Bewegungen nicht von der Natur kommen oder von Gott eingegeben sind, sondern vom Feinde Gottes ausgehen, auf daß sie, wenn sie den Gegner erkennen, der sie angreift, sich bereitwil ig zur Verteidigung rüsten.
2) Er muß sie anhalten zum Gebete, daß sie sich Gott anempfehlen und ihn unablässig und von Herzen um seinen Beistand gegen die Anfäl e dieses schlauen und wilden Feindes bitten, denn sonst werden sie beim ersten Angriffe unterliegen. Er schärfe ihnen ein, daß sie im Gebete nie ermüden und nicht davon ablassen dürfen, sondern beharrlich damit fortfahren müssen, solange der Kampf dauert.
3) Er ermahne sie, dergleichen Gedanken und innere Erregungen, wenn der Teufel sie damit anfäl t, sogleich auszuschlagen, mit Verachtung zurückzuweisen oder entgegengesetzte Akte zu erwecken, je nachdem die Versuchung ist; widrigenfal s, wenn der Widerstand langsam, träg und schwach ist, werden sie zum großen Schaden ihrer Seelen oft unterliegen. "Wenn dir", sagt der hl. Augustinus (in Psalm. 103. conc. 4), "irgend etwas Unerlaubtes in den Sinn kommt, halte dich nicht dabei auf, willige nicht ein; das, was dir in den Sinn kommt, ist das Haupt der Schlange; zertrete es, und du entgehst den übrigen Regungen." 

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