Johannes B. Scaramelli:
Erklärung einiger zweifelhafter Antriebe Wenn deutlich zu erkennen wäre, woher al e Antriebe und inneren Regungen kommen, so wäre die Unterscheidung der Geister etwas Leichtes. "Mancher Weg, der dem Menschen der rechte scheint, führt doch zuletzt zum Tode" (Sprichw. 14,12). Darum hier noch einige Winke zur Unterscheidung dessen, was verdächtig erscheint. Jener Geist, der n ach vollzogener Standeswahl nach einem a nderen Stand s ich sehnt , muss für verdächtig gehalten werden. "Ein jeder bleibe in dem Berufe, in welchen er berufen ward" (1Kor 7,20). Daraus folgt, dass Entschlüsse, seinen Beruf zu verlassen und einen anderen, zurückgezogeneren, strengeren, tätigeren oder frömmeren Stand zu wählen, obwohl sie beim ersten Anblick heilig sind, für gewöhnlich der natürlichen Unbeständigkeit oder teuflischem Betrug zuzuschreiben sind. Es gibt aber Beispiele von großen Heiligen, die zu einem vol kommeneren Stand übergegangen sind.
Außer den Kennzeichen des guten Geistes ist zur Beurteilung festzustel en, ob die fragliche Person von Natur unbeständig ist, ob der neue Stand ihren Körper und Geisteskräften angemessen ist und welche Rückwirkungen auf andere zu erwarten sind. Sehr zweifelhaft würde jener Geist sein, der zu ungewöhnlichen, sonderbaren und d em Stande nicht angemessenen Dingen antriebe, denn die göttliche Vorsehung wirkt in der natürlichen wie in der übernatürlichen Ordnung nicht gewaltsam, sondern ruhig, dem Stande eines jeden angepasst. Zeichen dafür, dass der Antrieb zu etwas Besonderem von Gott kommen könnte, wären ein außergewöhnlicher Gehorsam und tiefgewurzelte Demut.
Das Verlangen nach Außerordentlichem in der Ausübung der Tugenden kann von Gott sein, aber Gott führt auf ausserordentlichen Wegen nur solche, die sich im Feuer der Prüfungen bewährt haben und die er zu wirklicher Heiligkeit bestimmt hat. (Anm. v. maranatha: ,,Feuer der Prüfungen" meint nicht irgendein schweres Leid, irgendwelche schweren Prüfungen etc., sondern die ,,Nacht des Geistes") Der Geist großer äußerer Bußwerke kann zweifelhaft sein. Auf die Gefahr hat Jesus bei Pharisäern aufmerksam gemacht: "Sie entstel en ihr Gesicht, damit man ihr Fasten merken sol " (Mt 6,16). Und der hl. Hieronymus sagt: "Ich habe aus Erfahrung gelernt, dass der Esel, wenn er müde wurde, gern vom Weg abgeht" (Ep. Ad Lact.).
Der Geist fühlbarer geistlicher Tröstungen ist zweifelhaft. Wird eine solche angenehme Empfindung von der Gnade hervorgebracht, dann ist sie nichts anderes als ein süßer Eindruck, den die übernatürlichen und frommen Akte auf das Begehrungsvermögen machen. Eine solche Tröstung ist nicht zu verachten oder zu verwerfen. Denn sie ist heilig und nützlich. Nimmt man sie an, ohne sich an sie zu hängen, so trägt sie viel zur Ausübung der Tugend, zur Beharrlichkeit im Gebet und zum Fortschritt bei. Doch das Schlimme ist, dass sich unser inneres Gefühl von sich selbst, unabhängig von der Gnade, durch heilige Eindrücke und Gedanken erregen kann. Dann ist die Tröstung nur eine Wirkung der Natur und bringt keinerlei Nutzen. Noch schlimmer ist, dass auch der Teufel solche Gefühle hervorrufen kann, zu großem Schaden oder wenigstens zu großer Gefahr der Seele, die vol Andacht zu sein wähnt und in Wirklichkeit vol von Täuschung ist.
Man muss die Tröstungen nach ihren Früchten beurteilen. Ist der Verstand aufgeschlossener für die göttlichen Wahrheiten, der Wille stärker hingeneigt zu heiligen Dingen und tapferer im Streben, bekämpft er die kleinen Fehler sorgfältiger, dann sind die Tröstungen ein Geschenk Gottes. Wenn aber nach dem Gebete, das mit derlei Tröstungen und Süßigkeiten verrichtet wurde, keine Wirkung festzustel en ist, der Mensch gerade so leicht wie zuvor in die alten Fehler fällt und wie vorher langsam und träge in der Übung der Tugend ist und das immer so fortgeht, so ist dieser geistige Trost sehr verdächtig, und man muss befürchten, dass er eine Wirkung der Natur oder des Versuchers ist. Man sol te sich darum von ihm abwenden.
Dagegen erkennt man die geistliche Tröstung, die Gnade ist, gerade daran, wie der hl. Ignatius in der 3. Regel zur Unterscheidung der Geister in seinem Exerzitienbüchlein angibt, dass in der Seele eine innere Bewegung erweckt wird, durch die sie in der Liebe ihres Schöpfers und Herrn entflammt zu werden beginnt und das Geschaffene nicht mehr in sich selbst, sondern nur mehr im Schöpfer aller Dinge liebt, und sie zur Reue und zu größerer Bereitschaft im Dienste Gottes bewegt wird. Ganz besonders verdächtig wären andauernde, nie unterbrochene Tröstungen und geistliche Süßigkeiten. Denn diese gibt es nur bei der sehr sehr seltenen umwandelnden Vereinigung mit Gott, sie ist in der Regel verbunden mit großen inneren und äußeren Leiden. Quel e: Johannes B. Scaramel i: Regeln zur Unterscheidung der Geister.
3 Kommentare:
Ich finde diesen Text sehr hilfreich.
Mich würde interessieren was die "Nacht des Geistes" ist.
Viele Grüße
Thomas
hier ist es ziemlich gut erklärt:
http://www.kathpedia.com/index.php?title=Kreuzeswissenschaften
Vielen Dank! :-)
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