...Immer hat die Kirche sich unter zweierlei Bildern verstanden -Fels, Haus - zugleich aber Saat, Baum und Leib. Dauer und Veränderung sind keine Widersprüche: der wichtige Begriff der Entwicklung verbindet sie...
...das "wahre" Christentum könne verloren gehen, eine häretische Meinung von sehr großer Tragweite, die dahin geht, "dass es (das Christentum) nicht als etwas Lebendiges, sondern als tote Begriffsache aufgefasst wurde, die keiner Entwicklung fähig oder bedürftig auf mechanische Art zurückgeschraubt werden könne. Das Christentum wird als immer schon fertig gewesen betrachtet; dabei läuft die Täuschung mit unter, als wüsste man noch, was biblisches Christentum sei, wenn die Stetigkeit des Bewusstseins ein Jahrhundert oder ein Jahrtausend lang unterbrochen werden könnte...
...Bedeutung, Inhalt und Aufgabe der Überlieferung ist nicht der museale Trieb (wie Ernst Jünger ihn zutreffend nennt) zur Einbalsamierung und Bewahrung des Toten, sondern ganz im Gegenteil die Weitergabe des Lebens, die Erhaltung des Lebendigen, die Verbürgung des lebendigen Erbes aus der Vergangenheit an die Gegenwart und in die Zukunft...
...Die Tradition", sagt Möhler, "ist die fortwährende Zusammenhaltung des einzelnen Glaubensbewusstseins mit dem beständigen Kirchenglauben und der ständige Vergleich des Neuauftauchenden damit. Sie ist das 'gehörte'(und also lebendige-viva voce!) und in den Symbolen (Bekenntnisformeln) und Schriften der Kirche verkörperte Wort derer, die von den Aposteln bis auf uns in ununterbrochener Reihe schrieben...Tradition beweist nichts: sie soll diejenigen nur abweisen, welche fremdartige Entwicklungen auf das Gebiet der Kirche versetzen und diese als kirchliche Lehre bezeichnen wollen"- so wirkt sie nach aussen; nach innen hat sie "die Identität des christlichen Bewusstseins der einzelnen ihrer Glieder...mit dem Bewusstsein der ganzen Kirche nachzuweisen."...
...Es gibt nichts Spannenderes, als die Geschichte der Dogmen - das ist wahrhaftig keine sanfte "Evolution", das geht nicht von selbst, das gibt immer wieder die wildeste Szenerie von Kampf und Krawall, von Tyrannei und Putsch und Verrat und Widerstand - immer sind Teufel, Fleisch und Welt an allem beteiligt, und es ist schon verblüffend, wie der heilige Geist trotzdem die Oberhand behält, im richtigen Augenblick Menschen sterben und auftauchen lässt, winzige Keime zu mächtigen Wäldern gedeihen lässt und geile Riesenwucherungen, die ganze Erdteile überzogen, verschrumpfen und vergehen zu einem Namen in Handbüchern...
Soweit mal für heute :)
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