Sonntag, 3. April 2011

Gnadenschätze



Wenn du diese Andacht übst und das wenige, was ich dich gelehrt, treu befolgst, wird deine eigene Erfahrung schneller und besser, als ich es zu sagen vermag, dir zeigen, welch große  Gnadenschätze mit dieser Übung verbunden sind; du wirst darüber staunen und mit Jubel erfüllt werden. Arbeiten wir demnach, geliebte Seele, und handeln wir so, dass durch treue Übung dieser Andacht „die Seele Mariæ in jedem von uns sei, um den Herrn zu verherrlichen, und der Geist Mariä uns innewohne, um in Gott, unserem Heilande zu frohlocken.“ Das sind die Worte des hl. Ambrosius. Sei überzeugt, dass „keineswegs mehr Ehre darin besteht, im Schoße Abrahams, im Paradies zu ruhen, als im Schoß Mariæ, denn in diesem hat Gott selbst seinen Thron aufgeschlagen.“ Das sind die Worte des gelehrten Abtes Guerricus.

Diese Andacht, treu geübt, bringt in der Seele eine Fülle der herrlichsten Wirkungen hervor. Die haupsächlichste aber besteht darin, dass das Leben Mariæ in einer Seele so fest gegründet wird, dass es gewissermaßen nicht mehr die Seele ist, welche da lebt, sondern Maria in ihr; denn die Seele Mariæ wird sozusagen ihre Seele. Ist aber durch diese unaussprechliche, aber doch wahrhafte Gnade die Gottesmutter Maria Königin in einer Seele, welche Wunder bringt sie nicht in derselben hervor! Sie ist ja die Meisterin der größten Wunderdinge, besonders im Inneren und arbeitet dort im Geheimen, sogar ohne Wissen der Seele, welche bei der Kenntnis hiervon leicht die Schönheit ihrer Arbeiten zerstören könnte.

Da Maria ferner überall die fruchtbare Jungfrau ist, so bringt sie in das Innere eines jeden Menschen, bei dem sie einkehrt, Reinheit des Herzens und des Leibes, Reinheit der Absichten und der Gedanken, sowie die Fruchtbarkeit der guten Werke hervor. Denke daher nicht, teure Seele, Maria, das fruchtbarste unter allen Geschöpfen, das sogar einen Gottmenschen zur Welt gebracht hat, bleibe müßig in einer reinen Seele. Sie wird diese immerdar für Jesus Christus und Jesus Christus in ihr leben lassen nach dem Worte des hl. Paulus: „o meine Kindlein, für die ich abermals Geburtsschmerzen habe, bis Christus in euch gestaltet wird.“ Wenn Jesus Christus die Frucht Mariæ in jeder einzelnen Seele ist, ebenso wie die Welt im allgemeinen, so ist Jesus Christus ganz besonders ihre Frucht und ihr Meisterwerk in jener Seele, in der sie Wohnung genommen hat.

Endlich wird Maria für ein solche Seele bei Jesus Christus alles erwirken. Sie erleuchtet den Verstand mit ihrem reinen Glauben, vertieft das Herz durch ihre Demut, erweitert und erwärmt es durch ihre Liebe, reinigt es durch ihre Reinigkeit, adelt und verherrlicht es durch ihre Mutterschaft. Doch wozu noch lange reden! Die Erfahrung lehrt diese Wunderwerke Mariæ, die den Weisen und Stolzen, ja selbst den mittelmäßigen Christen beiderlei Geschlechts unglaublich erscheinen.
 
Hl. Ludwig Maria Grignion von Montfort (1673-1716)

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