Montag, 25. April 2011

Islamophobie

möchte ich gleich mal festhalten (HD an Giovanni)

Islamkritiker verwenden auch Argumente. Sind die irrational?
Sie stützen sich teils auf reale Gegebenheiten, aber eigentlich geht es nicht um Argumente, sondern um die Rechtfertigung ihrer eigenen Haltung. Es ist irrational, nur deswegen, weil Christen in Ägypten ermordet werden, in jedem Muslim in Österreich eine Bedrohung zu sehen. Ebenso haben auch Christen Muslime erschlagen. Natürlich gibt es Herausforderungen für das Zusammenleben, aber hier bauscht man Gefahren auf, um im Islam nur mehr die Bedrohung zu sehen.
Man trifft auf solche Argumente auch unter Katholiken.
Es gibt Katholiken, die darauf pochen, dass sie katholisch sind, und Sprüche klopfen, die klar dem Zweiten Vatikanischen Konzil und den Aussagen von Papst Johannes Paul II. und Benedikt XVI. widersprechen. Es ist unglaublich, mit welchem Fanatismus sie die katholische Lehre vergewaltigen, um ihre eigene Islamophobie zu rechtfertigen und sich ihre politischen Motive nicht einzugestehen. Auch das ist irrational. Gerade die letzten beiden Päpste haben unmissverständlich gegenüber dem Islam das Gemeinsame über das Trennende gestellt und Toleranz gefordert.
Religionsfeindlichkeit ist für Sie die zweite Wurzel der Islamophobie.
Für jemanden, der vom Ende der Religionen träumt, wird es bedrohlich, wenn ein junger Mensch fünf Mal am Tag betet. Gerade der junge Islam in Europa zeigt Begabung, Intellekt und Zukunft. Der antireligiöse Effekt entsteht aus der narzisstischen Kränkung des Rationalismus darüber, dass die Religion in der Postmoderne nicht untergegangen ist. Man fühlt sich dann von jedem bedroht, der an etwa Höheres glaubt. Wenn diese Unterwerfung zu einer Ordnung im Leben führt, verstärkt das noch die Bedrohlichkeit, weil es bedeutet, dass Religion mehr ist als nur ein sentimentales Gefühl. Besonders irritierend ist es, dass junge Menschen freiwillig, von sich aus religiös sind, vor allem für Leute, die darin nur eine Unterdrückung sehen.
Auch Sigmund Freud hat Religion als kollektive Zwangsneurose bezeichnet, die durch die Psychoanalyse überflüssig geworden ist.
Wenn Religion dem Menschen gemäß ist, führt die Unterwerfung zu einer Befreiung, weil sie etwa von kurzfristiger Triebbefriedigung wegführt und langfristiges Glück ermöglicht. Religion ist immer gesammelte Weisheit der Lebensgestaltung, in der sich die Lebenserfahrung von hunderten Generationen niederschlägt. Mittlerweile gibt es wissenschaftliche Evidenz darüber, dass Religiosität dem Menschen gut tut.
Wie entsteht dann Extremismus?
Fehlformen von Religiosität bauen eine Ideologie auf – als Religionsersatz. Ich spreche von "extrinsischer" Religiosität. Sie sucht über Religiosität den persönlichen Vorteil und will sagen: "Ich bin besser als die Anderen." Das ist Religion im Dienste der Ich-Erhöhung. Da ist es eine narzisstische Kränkung, wenn sich das idealisierte Selbst vom realen Selbst unterscheidet. Man sucht dafür die Schuld bei den Anderen. Extremisten missbrauchen die Religion zur Selbsterhöhung.

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