Sonntag, 1. April 2012

Klara von Assisi, die neue Frau

Schlußwort

Die "Lehre von Assisi"
59. Franziskus und Klara haben sich in gewisser Weise außerhalb der Welt gestellt, indem sie einen tiefen Bruch mit jener feudalen, klerikalen und monastischen Gesellschaft ihrer Zeit vollzogen, um ohne Macht und Eigentum zu leben, "ohne etwas Eigenes". Franziskus überall in der Welt allen untertan; Klara allen zu Füßen beim Herrn, in der Klausur von San Damiano. Beide im Dienst aller irgendwie Armen, in der Liebe, die Gott schenkt, im Geist und in der Nachfolge des menschgewordenen Wortes.
Von dieser radikalen Entscheidung Franziskus' und Klaras ergehen Anregungen nicht nur für die Klarissen, die Minderbrüder oder für die, welche "Buße tun" möchten in der Nachfolge des Franziskus, sondern für alle Christen.
Franziskus und Klara "allen untertan" sagen unserer Zeit die Dringlichkeit an, wieder zu einem wahren Willen universaler und kosmischer Bruderliebe zu gelangen und sich dazu wieder zu bekehren, befreit von jeder Art stolzer Selbstbestätigung.
Das prophetische Zeichen der Klausur selbst - das in Klara und den Schwestern eine charakteristisch wörtliche und unwiderrufliche Darbietung erfuhr - möchte den Christen heute aufrufen, die eigene objektive Bedürftigkeit zu erkennen, sich auf die Person und das Leben Christi zu konzentrieren, welche von erlösender Kraft sind, den Menschen befreien und fördern. Wenn Klara sich auf Christus "beschränkt", bedeutet dies die Gestaltwerdung der größtmöglichen Öffnung zum Menschen hin.
Der Aufforderung, die von der höchsten Armut Klaras und des Franziskus ausgeht, ist womöglich noch stärker. Nur eine Entmythologisierung der materiellen Güter - die in Klara und Franziskus radikal war - kann wirksam das Herz des Menschen für die Bedürfnisse der Brüder öffnen, nachdem das Gewissen und das Bewußtsein der tiefen Ungerechtigkeit der Bedingungen. unter denen ein großer Teil der Menschheit lebt, geweckt ist. Der Schritt vom Schauen und der Bewunderung der Armut Klaras und des Franziskus zur "Solidarität" ist natürlich. Dies wurde noch kürzlich in unser vielleicht abgestumpftes Gedächtnis zurückgerufen durch die Enzyklika "Sollicitudo rei socialis" (30.12.1987) Johannes Pauls II. Nur eine solche wirksame und globale Solidarität kann allen Christen die Rolle wiederverleihen, die heute vielleicht ebenfalls verdunkelt ist, Propheten Christi zu sein. "Der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für viele" (Mt 20,28). "Der Geist des Herrn ruht auf mir ..., damit ich den Armen eine gute Nachricht bringe" (Lk 4, 18).
"Dies ist die ständige Lehre von Assisi". Wir möchten wie zu Beginn an die Worte erinnern, die vom Heiligen Vater Johannes Paul II. mit Autorität verkündet wurden. Der Papst verkündete sie am unvergeßlichen Tag, am 27. Oktober 1986 in Assisi, beim Weltgebetstreffen der Vertreter aller Religionen.
"Dies ist die ständige Lehre von Assisi, es ist die Lehre des heiligen Franziskus, der ein für uns anziehendes Ideal gelebt hat; es ist die Lehre der heiligen Klara, der ersten Frau, die ihm folgte.
Es ist ein Ideal der Sanftmut, Demut, des tiefen Sinnes für Gott und des Dienstes an allen. Der heilige Franziskus war ein Mensch des Friedens; die heilige Klara war in besonderer Weise die Frau des Gebetes. Ihre Vereinigung mit Gott im Gebet unterstützte Franziskus und die, welche ihm folgten, auch uns unterstützt sie heute. Franziskus und Klara sind Beispiele des Friedens: mit Gott, mit sich selber, mit allen Männern und Frauen dieser Welt.
Dieser Heilige und diese Heilige können alle Männer und Frauen inspirieren, die gleiche Kraft des Charakters und der Liebe zu Gott und zu den Brüdern zu haben, um auf dem Weg fortzuschreiten, auf dem wir gemeinsam gehen sollen.
Bewegt vom Beispiel des heiligen Franziskus und der heiligen Klara, wahre Jünger des Herrn, und überzeugt von der Erfahrung dieses Tages, den wir gemeinsam verlebt haben, bemühen wir uns, unser Gewissen zu erforschen, um treuer ihre Stimme zu hören, unseren Geist von Vorurteilen, Haß, Feindschaft, Eifersucht und Neid zu reinigen. Versuchen wir, Friedensarbeiter zu sein in Gedanken und in der Tat, Geist und Herz auf die Einheit der menschlichen Familie ausgerichtet.
Und wir laden alle unsere Brüder und Schwestern, die und zuhören, ein, das gleiche zu tun"(7)
Rom, 19. Mai 1991, am Hochfest Pfingsten

Fr. John Vaughn, OFM
Generalminister

Fr. Lanfranco Serrini, OFM Conv
Generalminister

Fr. Flavio Roberto Carraro, OFM Cap
Generalminister

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