„Da Jesus wusste, dass seine Stunde gekommen sei, um aus dieser Welt zum Vater zu gehen und da er die seinigen liebte, hat er sie bis ans Ende geliebt“ (Joh 13,1). Da unser liebevoller Heiland wusste, dass die Stunde gekommen sei, wo er aus dieser Welt scheiden musste, wollte er uns, bevor er in den Tod ging, den größten Beweis seiner Liebe hinterlassen, den er uns hinterlassen konnte, und dieses Vermächtnis seiner Liebe ist das allerheiligste Sakrament des Altars. Die Zeichen der Liebe und Freundschaft, die wir von einem Sterbenden empfangen haben, prägen sich, wie der heilige Bonaventura bemerkt, am tiefsten dem Gedächtnisse ein, und sind uns die unvergesslichsten und teuersten. Deshalb hinterlassen viele, wenn sie dem Tode nahe sind, geliebten Personen ein Andenken ihrer Liebe, ein Kleid, einen Ring oder ein ähnliches Geschenk. Und was hast du, o mein Jesus, uns zum Andenken an deine Liebe hinterlassen, als du im Begriffe warst, aus dieser Welt zu scheiden? Kein Kleid, keinen Ring oder sonst ein Geschenk dieser Art, sondern deinen Leib, dein Blut, deine Seele und deine Gottheit, mit einem Worte: dich selbst, ohne dir etwas vorzubehalten. „Ganz hat er sich dir geschenkt, nichts hat er zurückbehalten“, sagt der heilige Chrysostomus.
In diesem allerheiligsten Sakramente wollte Jesus Christus alle Schätze und Reichtümer der Liebe, die er dem Menschen bewahrte, sich gleichsam entledigen. „Er hat die Reichtümer seiner Liebe zu den Menschen gleichsam darin ausgegossen“, sagt das Konzil von Trient (Sess. 13, cap. 2). Und dieses Geschenk hat Jesus, wie der Apostel hervorhebt, den Menschen in derselben Nacht gemacht, in welcher die Menschen seinen Tod vorbereiteten: „In der Nacht, in welcher er verraten wurde, nahm er das Brot, dankte, brach es und sprach: Nehmet hin und esset, das ist mein Leib“ (1 Kor 11,23). Der heilige Bernardin von Siena sagt, es sei dem Herrn nicht genug gewesen, sein Leben für uns hinzugeben, sondern als er sich zum Tode bereitete, habe ihn aus Übermaß der Liebe gedrängt, zuvor ein noch größeres Werk zu wirken: „Als er in dem Eifer seiner Liebe sich bereitete, für uns zu sterben, ward er vom Übermaß seiner Liebe angetrieben, ein größeres Werk zu wirken, als er je gewirkt hatte: seinen Leib uns zur Speise zu geben.“
Treffend bezeichnet daher der heilige Thomas von Aquin dieses Sakrament, wenn er es ein „Sakrament der Liebe“ und ein „Unterpfand der Liebe“ nennt. Ein Sakrament der Liebe: weil nur die Liebe den Heiland bewegen konnte, sich uns in diesem Geheimnisse ganz und ohne Vorbehalt zu schenken. Ein Unterpfand der Liebe: weil es uns in der Tat für den Fall, dass wir an seiner Liebe zweifeln sollten, in Art eines Pfandes gegeben ist, gleichsam als hätte der Heiland bei der Einsetzung dieses Geheimnisses zu uns gesprochen: Geliebte Seelen, wenn ihr noch einen Zweifel habt an meiner Liebe, seht dieses Sakrament, im welchem ich mich ganz und ohne Vorbehalt schenke; im Besitz eines solchen Pfandes werdet ihr nicht länger zweifeln können, dass ich euch liebe und dass ich euch über alles Maß liebe! Der heilige Bernhard nennt dieses Sakrament ferner „die Liebe aller Liebe“, weil diese eine Gabe und Gnade allen übrigen, die uns Gott verliehen hat, in sich begreift: die Erschaffung, die Erlösung, die Auserwählung; denn die Eucharistie ist ein Unterpfand nicht nur der Liebe Jesu Christi, sondern auch der ewigen Seligkeit, die er uns vorbehalten hat. „Es wird uns damit ein Unterpfand der künftigen Glorie gegeben“, sagt die Kirche. Deshalb pflegte der heilige Philipp Neri Jesus Christus im allerheiligsten Sakrament mit einem einzigen Worte „die Liebe“ zu nennen; und als man ihm die heilige Wegzehrung brachte, rief er aus: Seht da meine Liebe! Gebt mir meine Liebe! (…)
O Jesus, ich schenke dir mein Herz und alle Liebe meines Herzens. Du, der du mir dieses Verlangen gegeben hast, gib mir auch die Kraft, es zu vollbringen. Jesus, mein Jesus, ich begehre nichts anderes von dir, als dich selbst. Hast du mich an dich gezogen, um dich von ganzer Seele zu lieben, so will ich auch alles verlassen; ich verzichte auf alles, um mich an dich anzuschließen, du allein bist mir genug. O Maria, Mutter meines Herrn, bitte für mich bei deinem göttlichen Sohn, und mache mich heilig. Du hast schon so oft das Wunder gewirkt und Sünder in Heilige verwandelt; wirke dieses Wunder auch an mir!
Hl. Alphons Maria von Liguori (1696-1787)