Sonntag, 13. Februar 2011

Demokratie

Die Utopie der Selbsterlösung beschränkt sich keineswegs auf Diktaturen.
Selbst „die Demokratie erhofft die Erlösung des Menschen und verlangt für den Menschen die erlösende Funktion“. Der Wiener Karolinger Verlag, in dem seit 1986 die Aphorismen auf Deutsch erscheinen, hat nun auch einen Band mit längeren Schriften veröffentlicht (Texte heißt der lapidare Titel). Darin versucht Dávila mit beträchtlichem Aufwand den Nachweis zu führen, dass auch bürgerlich-liberale Demokratien weltanschaulich nicht neutral sind, sondern eine „anthropotheistische Religion“ zur Grundlage haben, das heißt den Menschen heimlich als Gott betrachten.

Ein erstes empirisches Indiz ist die Feindseligkeit des modernen Staates gegen tradierte Religionen, die der Demokratie mit ihrem Wahrheitsanspruch in die Quere kommen. Im Kern ist seine Argumentation eher verfassungs- und staatsrechtlich. Sie zeigt, wie skrupulös die Überlegungen sind, die hinter den frechen Aphorismen stehen. Sein zentraler Gedanke ist die merkwürdige Bereitschaft der Bürger, Mehrheitsentscheidungen auch über Grundwerte und Gewissensfragen zu akzeptieren. Das wäre, wenn es einen nichtmenschlichen Gott gäbe, an dessen Gebot der Bürger glaubte, gänzlich unverständlich. Wahrhaft göttliche Gebote müssten jedem irdischen Dafürhalten entzogen sein.
Auch die unerträgliche Einschränkung der individuellen Freiheit, die im Mehrheitsprinzip liegt, ist nur akzeptabel, wenn der Bürger annimmt, dass in der Mehrheitsmeinung eine höhere, quasigöttliche Vernunft zu Geltung kommt. Aber warum sollte diese Vernunft bei der Mehrheit liegen? Das eben, sagt Dávila, ist der mystische Glaubenskern der Demokratie, an dem sich ihr pseudoreligiöser Charakter erkennen lässt.

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4 Kommentare:

Johannes hat gesagt…

Genau dieser Ansicht, demokratisch erfasste Entscheidungen könnten quasigöttlichen Anspruch erheben, klopft derzeit wieder mit den Gewehrkolben an die Kirchentüre.

Lauda Sion hat gesagt…

...und es geschieht nichts Neues unter der Sonne ^^

Anonym hat gesagt…

interessanter Gedankengang, mir ist die Demokratie irgendwie auch suspekt, aber von gottesfürchtigen Monarchen zu träumen, ist wohl auch nicht mehr zeitgemäss... leider.

Schon erstaunlich, wie der Demokratiegedanke grade sowohl in der katholischen Kirche, als auch in Nordafrika herumspukt. Seltsames Zusammentreffen.

Lauda Sion hat gesagt…

ja, irgendwie gruselig