Die Utopie der Selbsterlösung beschränkt sich keineswegs auf Diktaturen. 
 Selbst „die Demokratie erhofft die Erlösung des Menschen und verlangt  für den Menschen die erlösende Funktion“. Der Wiener Karolinger Verlag,  in dem seit 1986 die Aphorismen auf Deutsch erscheinen, hat nun auch  einen Band mit längeren Schriften veröffentlicht       (Texte       heißt der lapidare Titel). Darin versucht Dávila mit  beträchtlichem Aufwand den Nachweis zu führen, dass auch  bürgerlich-liberale Demokratien weltanschaulich nicht neutral sind,  sondern eine „anthropotheistische Religion“ zur Grundlage haben, das  heißt den Menschen heimlich als Gott betrachten.
Ein erstes empirisches Indiz ist die Feindseligkeit des modernen Staates  gegen tradierte Religionen, die der Demokratie mit ihrem  Wahrheitsanspruch in die Quere kommen. Im Kern ist seine Argumentation  eher verfassungs- und staatsrechtlich. Sie zeigt, wie skrupulös die  Überlegungen sind, die hinter den frechen Aphorismen stehen. Sein  zentraler Gedanke ist die merkwürdige Bereitschaft der Bürger,  Mehrheitsentscheidungen auch über Grundwerte und Gewissensfragen zu  akzeptieren. Das wäre, wenn es einen nichtmenschlichen Gott gäbe, an  dessen Gebot der Bürger glaubte, gänzlich unverständlich. Wahrhaft  göttliche Gebote müssten jedem irdischen Dafürhalten entzogen sein.
Auch  die unerträgliche Einschränkung der individuellen Freiheit, die im  Mehrheitsprinzip liegt, ist nur akzeptabel, wenn der Bürger annimmt,  dass in der Mehrheitsmeinung eine höhere, quasigöttliche Vernunft zu  Geltung kommt. Aber warum sollte diese Vernunft bei der Mehrheit liegen?  Das eben, sagt Dávila, ist der mystische Glaubenskern der Demokratie,  an dem sich ihr pseudoreligiöser Charakter erkennen lässt.
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4 Kommentare:
Genau dieser Ansicht, demokratisch erfasste Entscheidungen könnten quasigöttlichen Anspruch erheben, klopft derzeit wieder mit den Gewehrkolben an die Kirchentüre.
...und es geschieht nichts Neues unter der Sonne ^^
interessanter Gedankengang, mir ist die Demokratie irgendwie auch suspekt, aber von gottesfürchtigen Monarchen zu träumen, ist wohl auch nicht mehr zeitgemäss... leider.
Schon erstaunlich, wie der Demokratiegedanke grade sowohl in der katholischen Kirche, als auch in Nordafrika herumspukt. Seltsames Zusammentreffen.
ja, irgendwie gruselig
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