Samstag, 18. Februar 2012

Einleitung 2

Vom Wort

Nicht schwören, weder beim Schöpfer noch bei einem Geschöpf, es sei denn mit Wahrheit, Notwendigkeit und Ehrfurcht. Unter "Notwendigkeit" verstehe ich: nicht wenn man eine beliebige Wahrheit mit einem Schwur bekräftigt, sondern wenn sie von einiger Bedeutung für den Nutzen der Seele oder des Leibes oder zeitlicher Güter ist. Unter "Ehrfurcht" verstehe ich: wenn man mit Erwägung beim Nennen seines Schöpfers und Herrn jene Ehre und gebührende Ehrfurcht erweist.


Zu beachten ist: Wiewohl wir bei dem eitlen Schwur mehr sündigen, wenn wir beim Schöpfer schwören als bei einem Geschöpf, so ist es doch aus den folgenden Gründen schwieriger, geschuldeterweise mit Wahrheit, Notwendigkeit und Ehrfurcht beim Geschöpf zu schwören als beim Schöpfer.

1. Wenn wir selber bei irgendeinem Geschöpf schwören wollen, macht es uns bei jedem Das-Geschöpf-nennen-Wollen nicht so aufmerksam und achtsam, die Wahrheit zu sagen oder sie aus Notwendigkeit zu bekräftigen, wie wenn wir den Herrn und Schöpfer aller Dinge nennen wollen.

2. Wenn man beim Geschöpf schwört, ist es nicht so leicht, dem Schöpfer Ehrfurcht und Ehrerbietung zu erweisen, wie wenn man schwört und dem Schöpfer und Herrn selber nennt. Denn Gott unseren Herrn nennen zu wollen bringt mehr Ehrfurcht mit sich, als das geschaffene Ding nennen zu wollen.
Deshalb ist es mehr den Vollkommenen gestattet, beim Geschöpf zu schwören, als den Unvollkommenen. Denn aufgrund der ständigen Betrachtung und Erleuchtung des Verstandes erwägen sie, besinnen sich darüber und betrachten sie mehr, dass Gott unser Herr gemäß seiner eigenen Wesenheit, Gegenwart und Macht in jedem Geschöpf ist. Und so sind die, wenn sie beim Geschöpf schwören, mehr geeignet und darauf eingestellt, ihrem Schöpfer und Herrn Ehrerbietung und Ehrfurcht zu erweisen, als die Unvollkommenen.

3. Beim ständigen Schwören beim Geschöpf ist die Götzendienerei mehr bei den Unvollkommenen zu befürchten.

Kein müßiges Wort sagen

Darunter verstehe ich:
Wenn es weder mir noch einem anderen nützt, noch auf eine solche Absicht hingeordnet ist.
Zu allem zu reden, was Nutzen ist oder doch Absicht, der eigenen oder einer fremden Seele, dem Leib oder zeitlichen Gütern zu nützen, ist also niemals müßig; auch nicht, weil jemand  in Dingen redet, die außerhalb seines Standes liegen, etwa wenn ein Ordensmann von Kriegen oder Handelsgeschäften redet. Aber in allem Genannten liegt viel Verdienst darin, es wohl zu ordnen und Sünde, es in eine schlechte Richtung zu bringen oder eitel zu reden.

Nichts sagen was entehrt oder ins Gerede bringt:

-Denn, wenn ich eine Todsünde aufdecke, die nicht öffentlich bekannt ist, begehe ich eine Todsünde;
-wenn eine Läßliche, dann sündige ich läßlich;
-und wenn eine Unzulänglichkeit, dann zeige ich meine eigene Unzulänglichkeit

Und wenn die Absicht gesund ist, kann man auf zwei Weisen von der Sünde oder dem Fehler eines anderen reden:
1. Wenn die Sünde öffentlich bekannt ist, etwa über eine öffentliche Dirne und über einen von Gerichtswegen ergangenen Spruch oder über einen öffentlichen Irrtum, der die Seelen ansteckt, mit denen man verkehrt.
2. Wenn die verborgene Sünde jemandem aufgedeckt wird, damit er dem, der in der Sünde ist, aufzustehen helfe. Man muss jedoch einige Vermutungen oder wahrscheinliche Gründe haben, dass er ihm werde helfen können.

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