Allgemeine Gewissenserforschung, um sich zu läutern und um besser zu beichten
Ich setze voraus, dass dreierlei Gedanken in mir sind, nämlich
-der eine mein eigener, der aus meiner bloßen Freiheit und meinem Wollen hervor geht;
und zwei andere, die von außen kommen:
-der eine, der vom guten Geist kommt
-der andere vom Bösen
Vom Gedanken
Es gibt zwei Weisen, beim bösen Gedanken, der von außen kommt, Verdienst zu erlangen:
-z.B. kommt ein Gedanke, eine Todsünde zu begehen, und diesem Gedanken widerstehe ich augenblicklich und er bleibt besiegt.
-Die zweite Weise, Verdienst zu erlangen ist:
wann mir jener schlechte Gedanke kommt und ich ihm widerstehe, und er kommt mir wieder und wiederzurück, und ich widerstehe ihm immer, bis der Gedanke besiegt weicht. Und diese zweite Weise bedeutet mehr Verdienst zu erlangen, als die Erste.
Lässlich sündigt man, wann der gleiche Gedanke, eine Todsünde zu begehen, kommt und der Mensch ihm Gehör gibt, indem er sich eine kleine Weile aufhält oder einiges sinnliche Vergnügen empfängt, oder wo es einige Nachlässigkeit darin gibt, diesen Gedanken abzuweisen.
Es gibt zwei Weisen, eine Todsünde zu begehen:
-Die erste ist: Wann der Mensch dem schlechten Gedanken seine Zustimmung gibt, um sogleich zu handeln, so wie er zugestimmt hat, oder oder es ins Werk zu setzen, wenn er könnte.
-Die zweite Weise, eine Todsünde zu begehen, ist:
wann jene Sünde in die Tat umgesetzt wird. Und sie ist aus drei Gründen größer:
-wegen der größerem Dauer
-wegen der größeren Intensität
-wegen des größeren Schadens für die beiden Personen
Um Skrupel und Überredungskünste unseres Feindes zu verspüren und zu verstehen, helfen die folgenden Bemerkungen
1.Man nennt volkstümlich "Skrupel", der von unserem eigenen Urteil und unserer Freiheit herkommt, nämlichwann ich selber frei die Auffassung bilde, etwas sei Sünde, was nicht Sünde ist.
So kommt es etwa, dass jemand, nachdem er zufällig auf ein Kreuz aus Strohhalmen getreten ist, mit seinem eigenen Urteil die Auffassung bildet, dass er gesündigt habe. Und dieser ist eigentlich ein irriges Urteil und nicht ein eigentlicher Skrupel.
2.Nachdem ich auf jenes Kreuz getreten bin, oder nachdem ich irgend etwas gedacht oder getan habe, kommt mir der Gedanke von außen, dass ich gesündigt habe und andererseits scheint mir, dass ich nicht gesündigt habe. Dennoch vespüre ichdarin Verwirrung, nämlich insofern ich zweifle und insofern ich nicht zweifle. Ein derartiger ist ein eigentlicher Skrupel und eine Versuchung, die der Feind setzt.
3.Der Skrupel der ersten Bemerkung ist sehr zu verabscheuen, weil er ganz Irrtum ist. Doch der Zweite aus der Bemerkung ist für eine Zeitlang von nicht geringem Nutzen für die Seele, die sich geistlichen Übungen hingibt. Vielmehr reinigt und läutert sich diese Seele in hohem Maß, indem sie sehr von jedem Anschein von Sünde trennt, nach jenem Wort Gregors: "Es ist Menschen von guter Geistesart eigen, dort Schuld zu erkennen, wo keine Schuld ist."
4. Der Feind schaut sehr, ob eine Seele grob oder fein ist. Und wenn sie fein ist, bemüht er sich, sie noch zu verfeinern, um sie mehr zu verwirren und durcheinanderzubringen.
Z.B.: Wenn er sieht, dass eine Seele bei sich weder einer Todsünde noch einer läßlichen Sünde, noch irgendeinem Anschein einer bedachten Sünde zustimmt.
Wenn er dann nicht bewiren kann, sie in etwas fallen zu lassen, was Sünde scheint, so bemüht sich der Feind zu bewirken, dass sie der Auffassung einer Sünde bilde, wo keine Sünde ist, etwa bei einem geringsten Wort oder Gedanken.
Wenn die Seele grob ist, bemüht sich der Feind, sie noch gröber zu machen. Z.B.:
Wenn sie sich vorheraus den lässliche Sünden nichts machte, wird er sich bemühen, dass sie sich aus den Todsünden wenig mache; und wenn sie sich vorher etwas daraus machte, dass sie es jetzt viel weniger oder gar nicht tue.
5.Die Seele, die im geistlichen Leben Nutzen ziehen will, muss immer in entgegengetzter Weise vorangehen, als der Feind vorangeht. Wenn nämlich der Feind die Seele gröber machen will, bemühe sie sich, sich zu verfeinern. Ebenso, wenn der Feind sie zarter machen will, um sie zum Extrem zu bringen, so bemühe sich die Seele, sich in der Mitte zu festigen, um in allem ruhig zu werden.
6. Wann diese gute Seele innerhalb der Kirche, innerhalb des Verständnisses unserer Vorgesetzten, etwas sagen oder tun will, dass zur Ehre Gottes unseres Herrn ist, und ihr ein Gedanke oder eine Versuchung von außen kommt, damit sie jene Sache nicht sage oder tue, indem er ihr Scheingründe von eitlem Ruhm oder sonst etwas usw. bringt, dann soll sie den Verstand zu ihrem Schöpfer und Herrn erheben; und wenn sie sieht, dass es sein gebührender Dienst ist, oder wenigstens nicht dagegen, soll sie diametral gegen diese Versuchung handeln, nach Bernhard, der demselben antwortet: "Weder habe ich deinetwegen begonnen, noch werde ich deinetwegen aufhören."
(Quelle)
2 Kommentare:
Oh, wie lange ist es schon her, dass ich in den geistlichen Übungen gelesen habe!
Danke für die Anregung!
Nicht nur lesen,auch verkosten und verspüren, wie Ignatius es formulierte :)
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