Samstag, 26. März 2011

Betrachtung der sel. Elisabeth

  von der Dreifaltigkeit (1880-1901)

„Die Jungfrau bewahrte alles in ihrem Herzen" (Lk 2,19 u. 2,51): ihre ganze Geschichte  kann in diesen wenigen Worten zusammengefasst werden! Sie lebte in ihrem Herzen und zwar in einer solchen Tiefe, dass kein menschlicher Blick ihr dahin folgen kann. Wenn ich im Evangelium lese,  „dass Maria durch das Bergland von Judäa eilte" (Lk 1,39), um ihrer Cousine Elisabeth einen Liebesdienst zu erweisen, so sehe ich sie so schön, so still, so hoheitsvoll, so in ihrem Innersten mit dem Wort Gottes gesammelt vor mir. Ihr Gebet war immer dieses: „Ecce, hier bin ich". Wer? „Die Magd des Herrn" (Lk 1,38); das letzte Seiner Geschöpfe: sie, Seine Mutter! Sie war so wahr in ihrer Demut, weil sie nie auf sich selbst schaute, sich selbst immer vergaß und entäußerte. So konnte sie auch singen: „Denn der Mächtige hat Großes an mir getan, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter" (Lk 1,49.48).

Diese Königin der Jungfrauen ist auch die Königin der Märtyrer; auch ihr Herz wurde von einem scharfen Schwert durchdrungen, denn bei ihr vollzog sich alles in ihrem Inneren!… Oh, wie schön ist sie in ihrem langen Martyrium anzusehen, so froh und gewissermaßen mit einer Hoheit umkleidet, die gleichermaßen Kraft und Milde ausstrahlt… Sie hatte ja vom Wort selbst gelernt, wie jene leiden sollen, die der Vater zum Opfer erwählt und die Er dazu bestimmt hat, an Seinem großen Werk der Erlösung mitzuarbeiten, sie, welche Er „erkannt und im voraus dazu bestimmt hat, Seinem Christus gleichgestaltet zu werden" (Röm 8,29), der aus Liebe gekreuzigt wurde.

Sie ist dort unter dem Kreuz, aufrecht, kraftvoll und tapfer und mein Meister spricht zu mir: „Siehe da, meine Mutter" (Joh 19,27), Er schenkte sie mir als Mutter… Und nun, da er zum Vater heimgekehrt ist und mich an Seiner Statt ans Kreuz geheftet hat, „damit ich in meinem Leib erleide, was an Seinem Leiden noch fehlt, für Seinen Leib, die Kirche" (Kol 1,24), ist die Jungfrau immer noch da, um mich wie Er leiden zu lehren und um mir zu sagen und um mich verstehen zu lassen, was Seine Seele zuletzt empfand und was niemand anderer als sie, Seine Mutter, begreifen konnte.

Wenn ich mein „consummatum est" (Joh 19,30) gesprochen habe, dann wird wieder sie, die „Janua cœli" (Pforte des Himmels, s. Lauretanische Litanei), es sein, die mich in die göttliche Gnade führen und mir das geheimnisvolle Wort zuraunen wird: „Lætatus sum in his quæ dicta sunt mihi, in domum Dominus ibimus!" – „Ich freute mich, als man mir sagte: Zum Haus des Herrn wollen wir pilgern" (Ps 122,1).


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