Montag, 21. März 2011

Betrachtung

  aus dem „Goldenen Buch"

Maria wird vom hl. Augustinus die lebendige Form Gottes genannt, forma Dei, weil in ihr allein der Gottmensch gebildet wurde, ohne dass ihm ein einziger Zug der Gottheit und der Menschheit fehlte. In ihr allein kann daher auch der Mensch durch die Gnade Jesu Christi naturgetreu zu einem gottähnlichen Geschöpf gebildet werden, soweit die menschliche Natur dazu fähig ist.

Ein Bildhauer kann eine Figur oder ein Bildnis auf zweifache Weise hervorbringen: Entweder meißelt er das Bildnis aus seiner harten, gestaltlosen Masse, indem er all seine Geschicklichkeit und sein Wissen aufbietet und die besten Werkzeuge benützt, oder aber es gießt er in eine Form. Die erste Arbeit ist langwierig, schwer und vielen Zufälligkeiten unterworfen; oft kann ein einziger misslungener Schlag mit dem Meißel oder Hammer die ganze Arbeit verderben. Die zweite Art geht schnell, leicht, sanft und ohne besondere Mühe vonstatten, wenn nur die Form genau und naturgetreu darstellt, und die Materie, derer er sich bedient, ganz flüssig ist und sich widerstandslos ergießt.

Maria ist die erhabene Form Gottes, die vom Heiligen Geiste bereitet wurde, um in ihr den Gottmenschen durch die Vereinigung der göttlichen und menschlichen Natur in der einen Person des Sohnes Gottes naturgetreu zu bilden. Diesem Modell fehlt wahrlich kein Zug des Göttlichen. Wer sich daher jener Form anpasst und widerstandslos in ihr bilden lässt, nimmt alle Züge Jesus Christi an, und zwar auf eine leichte und angenehme Weise, die der menschlichen Schwäche entspricht. Ohne großen Kampf und ohne drückende Beschwerde wird er Christus ähnlich werden, wobei auch jede Gefahr einer Täuschung ausgeschlossen ist, da der Teufel zu Maria keinen Zutritt hat und niemals haben wird. O, welch ein Unterschied zwischen einer Seele, die, wie ein Bildhauer auf ihre eigene Kraft angewiesen, sich mühsam in Christus umzuwandeln sucht, - und einer lenksamen, losgeschälten, selbstlosen Seele, welche, ohne auf sich zu vertrauen, sich ganz in Maria verliert und dort von der Hand des Heiligen Geistes bilden lässt! Ach, wie viele Flecken und Mängel, wie viel Verblendung und Selbsttäuschung, wie viel Natürliches und Menschliches haftet so leicht der ersten Seele an; wie sicher, wie schnell, wie mühelos gelangt die andere zur Ähnlichkeit mit Christus!
 
Hl. Ludwig Maria Grignion von Montfort (1673-1716)
 

 
Worte von Papst Benedikt XVI.

Maria hat dem lebendigen, dem ewigen Wort Gottes ihr Fleisch und ihr Blut geschenkt. Sie ist, wie die Väter sagen, die »heilige Erde Israels«, aus der der neue Adam geformt werden konnte. Und auch in der verwandelnden Verklärung, die durch die Auferstehung geschehen ist, ist es dieser Leib geblieben. Leib, der aus Maria, der Jungfrau genommen worden ist, und diesen Leib hat er in die Ewigkeit Gottes hineingetragen.
 
Ansprache Maiandacht, 24. Mai 2005

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