Mittwoch, 6. Juni 2012

Geistl. Berufungen 2

3 Zeiten, um eine gesunde und gute Wahl zu treffen (nach dem hl. Ignatius v. Loyola)

1. Wann Gott unser Herr den Willen so bewegt und anzieht, dass diese fromme Seele dem Gezeigten folgt, ohne zu zweifeln noch zweifeln zu können; so wie es der heilige Paulus und der heilige Matthäus getan haben, als sie Christus unserem Herrn nachfolgten.

2.Wann man genug Klarheit und Erkenntnis gewinnt aus Erfahrung von Tröstungen und Trostlosigkeiten und aus Erfahrung der Unterscheidung verschiedener Geister.

Die 3. Zeit ist ruhig, indem man zuerst erwägt, wofür der Mensch geboren ist, nämlich, um Gott unseren Herrn zu loben und die eigene Seele zu retten. Und indem man dies wünscht, erwählt man als Mittel ein Leben oder Stand innerhalb der Grenzen der Kirche, um einen Dienst für seinen Herrn und bei der Rettung seiner Seele Hilfe zu erlangen. Ich sagte "ruhige Zeit": wann die Seele nicht von verschiedenen Geistern getrieben wird und ihre natürlichen Fähigkeiten frei und ruhig gebraucht.

Wenn man in der ersten oder zweiten Zeit keine Wahl trifft, folgen in Bezug auf diese dritte Zeit zwei Weisen, sie zu treffen.

Die erste Weise enthält in sich 6 Punkte

1. Die Sache vor mich stellen, über die ich eine Wahl treffen will, etwa ein Amt oder eine Pfründe zu nehmen oder zu lassen; oder über welche andere Sache immer, die in veränderbare Wahl fällt.

2. Es ist nötig, als Gegenstand das Ziel zu haben, für das ich geschaffen bin, das ist: Gott zu loben und meine Seele zu retten. Und ich muss mich somit indifferent finden, ohne irgendeine Anhänglichkeit, so dass ich nicht dazu mehr geneigt bin noch danach verlange, die vorgelegte Sache zu nehmen, als sie zu lassen, noch mehr dazu sie zu lassen, als zu nehmen, sondern mich wie in der Mitte einer Waage finde, um dem zu folgen, wovon ich verspüre, dass es mehr zur Ehre und Lobpreis Gottes unseres Herrn und zur Rettung meiner Seele ist.

3. Gott unseren Herrn bitten, er wolle meinen Willen bewegen und das in meine Seele legen, was ich in Bezug auf die vorgelegte Sache tun soll, das mehr sein Lobpreis und seine Ehre sei, indem ich gut und getreu mit meinem Verstand nachdenke und entsprechend seinem heiligsten und wohlgefälligen Willen wähle.

4. Erwägen, indem ich nachdenke, wie viele Vorteile oder Gewinne für den alleinigen Lobpreis Gottes unseres Herrn und das Heil meiner Seele sich für mich ergeben, wenn ich das vorgelegte Amt oder die Pfründe habe; und umgekehrt ebenso die Nachteile und Gefahren erwägen, die im Haben liegen.
Wiederum das gleiche im zweiten Teil tun, nämlich die Vorteile und Gewinne im Nichthaben anschauen; und ebenso umgekehrt die Nachteile und Gefahren im Nichthaben.

5. Nachdem ich so die vorgelegte Sache durchgegangen bin und nach allen Seiten über sie nachgedacht habe, schauen, wohin sich die Vernunft mehr neigt. Und so soll man nach der größeren Vernunftregung und nicht nach irgendeiner sinnlichen Regung die Entscheidung über die vorgelegte Sache treffen.

6. Nachdem diese Wahl oder Entscheidung getroffen ist, soll derjenige, der diese getroffen hat, mit großem Eifer zum Gebet vor Gott unserem Herrn gehen und ihm diese Wahl anbieten, damit seine Majestät sie annehmen und bestätigen wolle, wenn es ihr größerer Dienst und Lobpreis ist.

Die zweite Weise enthält in sich 5 Punkte


1. Jene Liebe, die mich bewegt und diese Sache erwählen lässt, soll von oben herabsteigen, von der Liebe Gottes. Wer wählt, soll also zuerst in sich verspüren, dass das Mehr oder Weniger jener Liebe, die er zu der Sache hat, die er erwählt, allein um seines Schöpfers und Herrn willen ist.

2. Einen Menschen anschauen, den ich nie gesehen, noch gekannt habe und indem ich selbst seine ganze Vollkommenheit wünsche, erwägen, was ich selbst ihm sagen würde, das er zu größerer Vollkommenheit seiner Seele tun und erwählen solle. Und indem ich selbst es ebenso mache, die Regel einhalten, die ich für den anderen aufstelle.

3. Wie als stünde ich in Todesnähe, die Form und das Maß erwägen, die ich in der Weise der gegenwärtigen Wahl eingehalten haben wollte. Und indem ich mich nach jener richte, soll ich in allem meinen Entschluss treffen.

4. Indem ich schaue und erwäge, wie ich mich am Tag des Gerichtes finden werde, bedenken, wie ich ich dann in Bezug auf die gegenwärtige Sache entschieden haben wollte. Und die Regel, die ich dann eingehalten haben wollte, jetzt nehmen, auf dass ich mich dann mit vollem Gefallen und Freude finde.

5. Nachdem ich eine der obengenannten Regeln für mein Heil und meine ewige Ruhe übernommen habe, werde ich meine Wahl und mein Anerbieten an Gott unseren Herrn machen, entsprechend dem sechsten Punkt der ersten Weise, eine Wahl treffen.


Um das eigene Leben und den eigenen Stand zu reformieren


Für solche, die in eine Würde gestellt sind, oder in die Ehe - mögen sie großen Überfluss an den zeitlichen Gütern haben oder  nicht -, wo sie keinen Raum oder keinen sehr bereiten Willen dazu haben, eine Wahl über die Dinge zu treffen, die unter veränderbare Wahl fallen, ist es sehr nützlich, anstatt dass sie eine Wahl treffen, ihnen eine Form und Weise anzugeben, das eigene Leben und den Stand eines jeden von ihnen zu bessern und zu reformieren, nämlich indem sie ihr Geschaffensein, ihr Leben und ihren Stand zu Ehre und Lobpreis Gottes unseres Herrn und zu Rettung ihrer eigenen Seele setzen.
Um zu diesem Ziel zu kommen und zu gelangen, muss einer viel durch die Übungen und Weisen zu wählen, wie es erläutert worden ist, erwägen und überdenken,

--ein wie großes Haus und Gesinde
-er haben
-wie er sie lenken und leiten
-wie er sie mit Wort und mit Beispiel unterweisen soll

--ebenso über sein Vermögen
-wieviel davon er für sein Gesinde und Haus nehmen soll und
-wieviel davon, um es an Arme und an andere fromme Werke zu verteilen

indem er dabei nichts anderes will und sucht, als in allem und durch alles größeren Lobpreis und Ruhm Gottes, unseres Herrn. Denn jeder bedenke, dass er in allen geistliche Dingen soviel Nutzen haben wird, als er aus seiner Eigenliebe, seinem Eigenwillen und Eigeninteresse herausginge.

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